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Mutterstadt - Geschichte und Zukunft
Mutterstadt - durch eine lebendige Geschichte für die Zukunft gerüstet
In der Gemeinde Mutterstadt, in der vorderpfälzischen Rheinebene, sind nur wenige bauliche Zeugen der Vergangenheit erhalten. Deshalb soll mit dieser Kurz-Chronik ein Überblick über die Gemeinde gegeben werden, denn in der Erforschung und Präsentation der Geschichte zeigt sich die Achtung vor den Leistungen in der Vergangenheit. In dem Bemühen, den Bürgern beste Lebensbedingungen zu schaffen, offenbart sich die Zukunft. Beides ist in unserem Mutterstadt festzustellen.
Inmitten einer seit der mittleren Steinzeit besiedelten Dünenlandschaft liegt der Ort westlich der alten Römerstraße, die von Straßburg nach Mainz führte. In der Gemarkung wurden eine Hallstattsiedlung und ein frührömischer Militärstützpunkt entdeckt.
Der Eintrag im Lorscher Codex über eine Landschenkung im Jahr 767 in „Mutherstather marca“ ist die erste urkundliche Erwähnung des Ortes. Das fruchtbare Ackerland war wichtiges Versorgungsgebiet für die Reichsfeste Trifels. Ein Herrenhof des Klosters Weißenburg weist neben einem königlichen Hubhof und 17 Hofgütern geistlicher Besitzer auf ausgedehntes, fränkisches Königsgut hin. Die Stuhlbruderschaft am Dom zu Speyer hatte hier ihren ertragsreichsten weltlichen Besitz. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf zerstört und entvölkert. 100 Jahre später konnte die große Saalkirche von dem Architekten F. W. Raballiati an den aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kirchturm wieder angebaut werden.
1797 wurde Mutterstadt französisch. Der Ort gehörte innerhalb des Departements Donnersberg zum Distrikt Speyer und wurde Kantonshauptort mit Notariat und Zollstation für weitere 17 Orte, darunter die damaligen Dörfer um die Rheinschanze, aus der sich das heutige Ludwigshafen entwickelte. Der Ort konnte leider die sich aus dieser Position ergebenden Vorteile als wichtiger Verwaltungssitz in der Vorderpfalz in den Folgejahren nicht nutzen. Einziges bauliches Zeugnis für diese Zeit ist das ehemalige Kantonsgefängnis im früheren „Arrestegässel“. In der „nachnapoleonischen Zeit“ kam Mutterstadt 1816 dann zu Bayern.
Nach 1830 bot sich Mutterstadt beim Bau der Ludwigsbahn noch einmal die Chance für eine andere Entwicklung; allein es fehlte im Ort der Weitblick, welche wirtschaftliche Zukunft sich hier mit der Eisenbahn aufgetan hätte. Die ursprüngliche Planung sah nämlich eine Streckenführung am südlichen Ortsrand vor. Mutterstadt begnügte sich mit einem Bahnhof am äußersten südlichen Gemarkungsrand, am Limburger Hof. So hatte der Ort wohl einen Bahnhof, der auf Grund des Personen- und Güterumschlages sogar als Hauptbahnhof geführt wurde, der aber niemals richtig der Bahnhof Mutterstadts war. Die Lokalbahn, die auf Schmalspurschienen ab 1890 durch den Ort lief, war dafür kein echter Ersatz und wurde, auch wegen der aufkommenden Motorisierung, 1955 stillgelegt.
Jüdisches Leben wurde erstmals 1719 in der damals noch kurpfälzischen Gemeinde Mutterstadt urkundlich erwähnt. Steinernes Zeugnis ist der 1890 erstmals belegte jüdische Friedhof. Die bis zu 171 Personen starke jüdische Gemeinde war in das dörfliche Alltagsleben integriert, so dass die politische Gemeinde 1871 auch den Bau einer Synagoge unterstützte. Die Synagoge wurde am 9. November 1938 niedergebrannt, später abgerissen und das Gelände verkauft. Mit der Deportation von 52 Juden am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische Lager Gurs, die Mehrzahl von ihnen wurde in Konzentrationslagern ermordet, erlosch die Geschichte der Juden in Mutterstadt.
Verwaltungsmäßig vergleichbare Bedeutung mit dem Kantonssitz in Mutterstadt hatte der Ort nochmals nach 1945, als das Landratsamt Ludwigshafen für vier Jahre seinen Amtssitz in Mutterstadt nahm.
Heute ist Mutterstadt eine verbandsfreie Gemeinde im Rhein-Pfalz-Kreis, zentral in der Metropolregion Rhein-Neckar gelegen, mit fast 14.000 Einwohnern. Das früher von der Landwirtschaft geprägte Dorf konnte in den letzten 40 Jahren in eine neue Funktion als großstadtnahe Wohnsiedlungsgemeinde mit eigener gewerblicher, kultureller und landwirtschaftlicher Substanz hineinwachsen und weist einen beachtlichen Wohn- und Freizeitwert auf. Dieser wurde in den Jahren 2016 bis 2019 durch eine komplette Neugestaltung des Ortskerns mit deutlich optimierter Aufenthaltsqualität im Rahmen der Städtebauförderung noch deutlich gesteigert. Weithin sichtbares Wahrzeichen Mutterstadts ist sein 53 Meter hoher Wasserturm.
Die Gemeinde wurde 1965 bekannt durch eine beispielhafte Strukturverbesserung im Rahmen einer Flurzusammenlegung mit Gruppenaussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe. Die besonders günstigen klimatischen Bedingungen bieten der örtlichen Landwirtschaft mit dem Anbau von Sonderkulturen die Möglichkeit einer intensiven Bodennutzung. Der Beregnungsverband Vorderpfalz mit Sitz in Mutterstadt trägt dazu wesentlich bei. Im Mutterstadter Pfalzmarkt, einem der größten genossenschaftlichen Gemüsegroßmärkte der Bundesrepublik, können die Landwirte und Gemüsegärtner der Vorderpfalz ihre Produkte vermarkten.
In Mutterstadt sind die „kulturtreibenden Vereine“ ein fester Bestandteil des öffentlichen Lebens. Die Gesang- und Musikvereine tragen hier mit ihren Vereinsaktivitäten, Konzerten und Auftritten maßgeblich dazu bei. Das örtliche Bildungs- und Freizeitangebot ist vielfältig; Kindertagesstätten, Haus des Kindes, Grundschulen, Integrierte Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, Jugendtreff, Bibliothek, Volkshochschule, die kirchlichen Einrichtungen und eine Seniorenresidenz mit betreutem Wohnen sind für die Aus- und Fortbildung, für die Freizeitgestaltung, für Gruppenarbeit und somit generationenübergreifend für eine hohe Lebensqualität vorhanden.
Auch im Sport hat die Gemeinde einen Namen: So kann sie auf eine große Leistungssporttradition mit vielen internationalen und nationalen Titeln im Gewichtheben, Kegeln, Trampolinturnen, Rasenkraftsport, Tanzen und in der Leichtathletik verweisen. Drei Großsporthallen, der Sportpark für Fußball, Leichtathletik, Rasenkraftsport und Freizeitsport, das Kegel-Center, das Gewichtheber-Leistungszentrum sowie der Gemeindewald geben Raum für vielfältige sportliche Aktivitäten. Das Mutterstadter Hallen- und Freibad wurde modernisiert und in das Erlebnisbad „Aquabella“ mit großzügiger Saunalandschaft umgebaut.
In der Walderholungsstätte wird „Urlaub ohne Koffer“ für Schulkinder und für Senioren angeboten, die „Waldfeste“ sind weithin zu einem festen Veranstaltungsbegriff geworden und der Gemeindewald verfügt über viele schöne Wanderwege und Ruheplätze. Über 60 Vereine und Organisationen bieten vielfältige Möglichkeiten für Hobby, Geselligkeit und ehrenamtliches Engagement. In Mutterstadt vergeht fast kein Wochenende ohne Veranstaltungen. Und wenn es darauf ankommt, helfen auch alle mit. Die Mutterstadter Kerwe ist der beste Beweis für den Gemeinschaftssinn in der Gemeinde.
Bei einem leistungsstarken und attraktiven Einzelhandel im Ort und in dem Gewerbegebiet An der Fohlenweide bleiben keine Einkaufswünsche offen; der Öffentliche Personennahverkehr und direkte Anschlüsse an die Autobahnen A61 und A65 sowie die B9 sorgen für beste Verbindungen.
Im Historischen Rathaus, dem Museum für Ortsgeschichte, ist die Geschichte Mutterstadts in Bildern, Grafiken, Karten und schriftlichen Erläuterungen dokumentiert. Sie wird in den Abteilungen Baugeschichte, Handwerk und Landwirtschaft, Vereinsgeschichte, Familienforschung, religiöse Gemeinschaften, Brauchtum sowie Vor- und Frühgeschichte dargestellt. Das Zeitpfeildisplay, eine 60 cm breite hinterleuchtete Tafel, zeigt auf 25 Metern in drei Horizontalbändern synchron die Ereignisse der Welt-, Regional- und Ortsgeschichte in Text und Bild. Dazu kommt ein „Römerraum“ sowie ein Ausstellungs- und Vortragsraum.
Mit dem 1998 fertiggestellten Palatinum, dem Gemeindezentrum für Veranstaltungen, Kultur und Gastronomie, verfügt die Gemeinde auch über beste Möglichkeiten für Tagungen und Veranstaltungen. Die moderne, freundliche Architektur mit einem variabel nutzbaren Raumprogramm für bis zu 800 Personen hat ein Ambiente geschaffen, das aktive Aufnahmefähigkeit bei Tagungen und Veranstaltungen ebenso fördert wie wohltuenden Kunstgenuss bei Konzerten und Theateraufführungen.
Der Bevölkerungszuwachs der letzten Jahre hat sowohl die Einwohnerstruktur als auch die Baustruktur verändert. Die Landwirtschaft, die früher das Ortsbild prägte, ist heute nur noch mit wenigen und dafür großen, leistungsstarken Betrieben vertreten. Die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude wurden weitgehend durch Wohn- oder Geschäftshäuser ersetzt. Besonders der Ortskern profitierte von der Aussiedlung der landwirtschaftlichen Betriebe, in deren Folge Flächen für die Errichtung des neuen Rathauses und für die Gesamtsanierung der Ortsmitte frei wurden. Eine Entwicklung, die sich positiv auf das Leben der Gemeinde auswirkt.
Anlässlich des 1250-jährigen Jubiläums der Gemeinde Mutterstadt im Jahre 2017 ist eine komplett überarbeitete neue Ortschronik erschienen. Das 880 Seiten umfassende Werk vermittelt einen ausführlichen Überblick über die Geschichte und Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart und kann bei der Gemeindeverwaltung erworben werden.